
Bungalow trug einen schweren grünen Mantel, der ihn warmhielt. Das war wichtig, denn in der Stadt wird es nachts bitterkalt. Am Saum des Mantels hingen Wassertropfen und auf den Schultern sammelten sich feine Schneekristalle. Er schritt eilig den Bürgersteig entlang, wobei er aufmerksam umherschaute. Er vergrub seine Hände trotz der dicken Handschuhe tief in den Taschen. Dann endlich, weit am Ende der Straße, sah er wonach er suchte. Er beschleunigte seine Schritte bis er fast rannte und blieb schließlich, nachdem er die letzten Meter auf dem Eis gerutscht war, vor einem sehr alten und sehr herunter gekommenen Auto stehen. Er blickte hinab auf verfrorenes Blech, das früher wohl einmal grün lackiert war. Jetzt war die Farbe an vielen Stellen abgeblättert und von Eiskristallen überzogen. Bungalow strich sanft mit seinen dicken Handschuhen darüber. Vorn am Wagen fehlte die Stoßstange und als er um das Auto herum ging, fiel ihm auch die verbogene Tür auf. Die Scheibe war gesprungen. Er streichelte den verbliebenen rechten Rückspiegel und machte sich dann an einem der Reifen zu schaffen. Mit einem großen Maulschlüssel setzte er an den verrosteten Schrauben an und werkelte ein wenig herum, bis sich der Reifen schließlich wieder drehen ließ.
Dann kam der anstrengende Teil: Bungalow schnürte seine Schuhe fester und schob seine Handschuhe zurecht. Dann stemmte er sich mit seinem gesamten Gewicht gegen den Kofferraum des Wagens. Er rollte los.
Es war ein gewaltiger Kraftakt und immer wieder musste Bungalow nach vorne laufen, um die Reifen wieder in die passende Richtung einzuschlagen. Das größte Hindernis lag jedoch noch vor ihm: Die große Straße. Die machte ihrem Namen alle Ehre, denn sie war in der Tat die größte Straße der Stadt. Sie hatte Acht Spuren für jede Richtung und Bungalow sah sie bereits in der Ferne.
Als er sich ihr näherte, kam er an einem kleinen Lädchen vorbei, welches Pfirsiche anbot und auf einer handbeschriebenen Tafel deren herausragende Frische bewarb. Ein Mann mit Hut kam daraus hervor und als er Bungalow hinter dem alten Auto sah, fragte er: „Was machen sie denn da?“
Bungalow, ganz in seine anstrengende Arbeit vertieft, sah auf. Der Mann mit Hut sah in immer noch fragend an. Bungalow überlegte einen Moment, dann antwortete er: „Ich schiebe diesen Wagen.“
Der Mann mit Hut nickte anerkennend. Als er nichts erwiderte, zog Bungalow seine Handschuhe zurecht und wandte sich wieder dem Auto zu. Da sprach der Mann erneut: „Ich habe gerade sehr frische Pfirsiche gekauft.“
Bungalow, der schon im Begriff gewesen war, weiter zu schieben, sah erneut auf. Der Mann mit Hut schaute ihn an und deutete auf einen Korb, den er trug und in dem sich wohl besagte Pfirsiche aufhielten. „Das freut mich“, sagte Bungalow, der sich eigentlich gar nicht so sehr für Pfirsiche interessierte. Das Konversations Volumen des Mannes schien jedoch größer als gedacht, denn er schritt auf Bungalow zu und streckte ihm die freie Hand entgegen. „Mein Name ist Wurunder. Herr Wurunder. Eigentlich Wurunder-Kobatchek, meine Frau und ich konnten uns nicht auf einen der beiden Nachnamen einigen. Sie ist eine geborene Kobatchek, das heißt ihre Mutter heißt so. Ihr Vater hieß ursprünglich Fogel mit Nachnamen. Fogel mit F geschrieben. Sachen gibt`s“
All das sagte er in etwa der Zeit, die ein Schnellzug dazu benötigt, einen kleinen Bahnhof zu passieren. Circa 4 Sekunden.
Bungalow starrte ihn entgeistert an. Warum erzählte der Mann mit Hut das alles? Er hatte das Gefühl, auch etwas sagen zu müssen, darum entschied er sich für eine einfache, aber informative Antwort: „Ich bin Bungalow.“
Er schüttelte kurz die Hand des Manns mit Hut, der den Mund öffnete und jetzt wohl zum eigentlichen Grund der Unterhaltung kam: „Meine Frau, ich erzählte bereits von ihr, isst so schrecklich gerne Pfirsiche. Am besten ist es, wenn sie ganz frisch sind. Heute ist ihr Geburtstag und veranstaltet gerade ein üppiges Frühstück daheim mit ihren Freundinnen. Alles ist sehr fein gedeckt. Ich möchte sie gerne mit diesen besonders frischen Pfirsichen hier überraschen. In diesem Korb hier sind ganz außergewöhnlich frische Pfirsiche müssen sie wissen.“
Bungalow sah ihn nur noch mit ausdrucksloser Miene an. Der Mann, wenn auch etwas verunsichert, fuhr fort: „Ich wohne gleich dort drüben, hinter der großen Straße. Allerdings ist eben, kaum das ich die große Straße überquerte, die Fußgängerampel ausgefallen. Wenn sie mich nun in ihrem Auto auf die andere Straßenseite schieben würden, wäre das eine große Hilfe, dann als Fußgänger ohne Ampel ist es viel zu riskant!“
Unter dem Blick von Bungalow war der Mann mit Hut immer kleiner geworden, doch Bungalows äußerlich raue Erscheinung täuschte häufig. Er war ein hilfsbereiter und gutmütiger Mensch. „In Ordnung“, sagte er. Der Mann mit Hut wollte etwas erwidern, doch Bungalow war schneller. Er packte den Mann an der Jacke, hob ihn hoch, öffnete mit der freien Hand die Beifahrertür und verfrachtete ihn auf den Sitz. Dann schloss er die Tür, aus Angst der Mann mit Hut könnte weiterreden.
Er ging zurück zum Kofferraum und schob seine Handschuhe zurecht und wollte gerade losschieben, als ihn jemand an die Schulter tippte. „Entschuldigen sie“, sagte eine scharfe Stimme. Bungalow sah sich um und vor ihm stand ein kleiner Mann mit Anzug, der an ihm hinaufblickte. „Degel mein Name, Professor Degel. Ich lehre Meeresbiologie an der Universität dort hinten. Leider ist die Fußgängerampel wohl vorrübergehend ausgefallen, darum wollte ich sie in aller Höflichkeit bitten, mich in ihrem Wagen auf die andere Seite der großen Straße zu schieben. Ich würde mich selbstverständlich erkenntlich zeigen“ sagte er, wühlte in seinem Portemonnaie, zog eine Karte daraus hervor und drückte sie Bungalow in die Hand. Der las laut: „Rauhaardackel Zuchtverein e.v, Freunde der Dackel und zugehörige Vereine für jene die den Dackel pflegen.“
„Was ist das bitte und was soll ich damit?“ fragte er.
„Oh“, erwiderte der Professor, „das ist meine Clubkarte. Man bekommt damit eine gratis Bretzel für jeden Einkauf ab 5 Euro bei der Bäckerei Vollmer. Die Besitzerin, Frau Vollmer, geborene Daremp, ist im Vorstand des Vereins.“
Mit diesen Worten ging er an Bungalow vorbei zum Wagen und setzte sich auf den Fahrersitz. Bungalow stand weiter in der Kälte und wagte es schon gar nicht mehr, sich wieder dem Wagen zuzuwenden und tatsächlich: Gerade als er die Hände gegen den Kofferraum stemmte, hörte er eine Stimme rufen: „Wie praktisch! Ein Mann der einen Wagen schiebt! Genau das, worauf ich gehoffte habe!“
Bungalow sah sich stirnrunzelnd um. Dort, keine zwei Meter von ihm entfernt, stand ein Mann mit gelbem Helm und einer Schubkarre so voll beladen, dass der Reifen schon ganz platt war. „Sie haben.. darauf gehofft, einen Mann zu sehen der einen Wagen schiebt?“, fragte Bungalow und zog seine Augenbrauen so hoch, dass sie unter seine Mütze verschwanden. Der Mann mit Helm nickte. „Ja, genau, das hatte ich gehofft. Helfen sie mir schnell beim einladen? Ich muss auf die andere Straßenseite“ und mit diesen Worten trat er an Bungalow vorbei an den Kofferraum. Da öffnete sich die Fahrertür und der Professor kam zum Vorschein. „Der Mann mit dem Hut weigert sich, das Radio auszustellen. Ich finde einen solchen Krach unerträglich!“, rief er über das Dach des Autos zu Bungalow. Da ging die Beifahrertür auf. „Die Pfirsiche brauchen eine gewisse Musikalische Untermalung, ansonsten verlieren sie an Frische!“. Zornfunkelnd sah der Mann mit Hut über das Dach hinüber zum Professor. Während der Mann mit Helm den Kofferraum öffnete und begann, den Inhalt der Schubkarre in ihm zu verstauen setzte der Professor an: „Das ist ja vollkommender Unsinn! Ich lehre Meeresbiologie und kann ihnen versichern, dass Musik keine Auswirkungen auf Pfirsiche hat!“
„Als ob sie davon etwas zu verstehen wüssten!“, ereiferte sich der Mann mit Hut, „Seit wann wachsen denn Pfirsiche im Meer? Sie kennen sich vielleicht mit Fischen aus, aber von Pfirsichen verstehen sie herzlich wenig!“
„Fische?!“ heulte der Professor eingeschnappt, „Fische sagen sie? Meeresbiologie ist weit mehr als nur FISCHE!“
Da mischte sich der Mann mit Helm ein, der den Kofferraum fertig beladen hatte: „Treffen sie sich doch in der Mitte und lassen sie die Musik einfach leise laufen. Dann freuen sich die Pfirsiche und der Herr Professor leidet nicht zu sehr.“
Der Mann mit Helm war kräftig gebaut und so wagte es keiner der beiden Streithähne, ihm zu widersprechen. Sie trollten sich zurück auf ihre Plätze und der Mann mit Helm öffnete jetzt die Tür zur Rückbank und klappte einen der Sitze nach hinten, um seine Schubkarre in den Wagen zu zwängen. Danach setzte er sich, aus Platzgründen, in eben jene Schubkarre hinein und zog die Wagentür hinter sich zu.
Bungalow schob seine Handschuhe zurecht, doch er tat es eher halbherzig und tatsächlich: Schon wurden Schritte lauter, die auf ihn zukamen. „Warten sie“, rief eine Stimme. Bungalow drehte sich gar nicht erst um, sondern sagte nur: „Links hinten auf der Rückbank ist noch Platz. Neben dem Mann in der Schubkarre.“
Wer mochte es wohl diesmal sein? „Ich bin Student!“, kam prompt die Antwort, ganz so als würden Bungalows Gedanken in großen Leuchtbuchstaben an der Häuserfassade geschrieben stehen.
Der Student ging an ihm vorbei und öffnete die Tür zur Rückbank: „Guten Tag ihr Leute, ich studiere irgendwas mit Fischen!“
Mit diesen Worten schwang er sich auf den verbliebenen Platz auf der Rückbank. Er zog die Tür hinter sich zu, als sich der Professor von vorne meldete: „Was sagten sie soeben?“
Der Student schaute auf: „Ich studiere was mit Fischen“, wiederholte er. Der Professor drehte sich auf dem Sitz nach hinten und die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. „Das Fach was sie studieren heißt Meeresbiologie, wenn ich bitten darf! Das ist nichts mit Fischen, sondern ein Teilgebiet der Biologie das sich mit den komplexen Vorgängen in marinen Lebensräumen befasst!“
Der Mann in der Schubkarre meldete sich: „Also quasi über Fische und wie die so leben, stimmt’s?“
Der Professor sah aus, als müsste er jeden Moment explodieren. Da spitze der Student die Ohren: „Oh, was läuft denn da im Radio? Könnten sie es etwas lauter drehen?“
Das war zu viel für den Professor. Er sprang aus der Tür und stampfte wild auf dem Boden umher. Eine weile sahen sie ihm zu, bis der Mann in der Schubkarre seine Stimme erhob: „Jetzt kommen sie mal wieder rein damit wir endlich loskommen, ich glaube der Mann mit dem Hut hat es eilig. Seine Pfirsiche verlieren gerade an Frische.“
Der Professor gehorchte doch war immer noch sichtlich unzufrieden und so entschied er sich dafür, auf seinem Platz die Arme zu verschränken und zu schmollen. Da ging die Beifahrertür auf. Alle vier schauten auf und der Mann in der Schubkarre stieß mit seinem Helm gegen die Decke. Vor der Tür stand ein alter Mann mit langem Bart und einem Dudelsack in den Armen. „Der Mann, der den Wagen schiebt, sagte mir, hier vorne könnte ich vielleicht noch einen Platz finden.“
„Kein Problem“, meldete sich der Professor, „der Mann mit Hut kann sicher ein wenig rutschen, dann passen sie beide auf den Sitz.“
Der Mann mit Hut wandte sich empört zum Professor: „Und was ist, wenn meine Pfirsiche dabei zerdrückt werden? Ganz abgesehen davon, dass sie immer mehr an Frische verlieren, während wir hier warten.“
„Vielleicht könnte der Professor ja auf seiner Seite etwas Platz machen?“, schlug der Student vor. Da meldete sich der Mann mit dem Helm aus seiner Schubkarre: „Ich hab mal einen Hummer gegessen. War sehr lecker. Damit kennen sie sich ja bestimmt aus, wenn sie Professor für Fische und so sind.“
Dann lehnte er sich in seiner Schubkarre zurück und schaute unbeteiligt aus dem Fenster. „Wo waren wir stehen geblieben?“, fragte der Mann mit Hut.
„Der junge Mann auf der Rückbank schlug vor, ich solle mich auf der Seite des Professors setzen“, sagte der alte Mann mit Dudelsack.
„Das kommt überhaupt nicht in Frage, hier ist doch das große Lenkrad im Weg!“, widersprach der Professor. Da erwachte der Mann in der Schubkarre erneut und zog einen Zollstock aus seiner Tasche: „Ich hab da eine Idee“, verkündete er und mühte sich, den Zollstock auf der beengten Rückbank auszuklappen. Er reichte das eine Ende zum Professor durch und ließ das andere aus der offenen Beifahrertür ragen. Er fragte den alten Mann nach seiner Größe und spähte auf die kleinen Zahlen auf dem Zollstock: „Passt genau!“ freute er sich. „Sie können sich einfach waagerecht über die Beine des Professors und die des Manns mit Hut legen.“
„Aber wie soll er sich denn über unsere Beine legen, ohne dabei meine Pfirsiche zu zerquetschen?“ ereiferte sich der Mann mit Hut. „Das ist kein Problem“, erklärte der Professor, „Wir legen die Pfirsiche vorerst nach draußen und sobald der Mann mit dem Dudelsack richtig verstaut ist, können wir die Pfirsiche oben auf ihn drauflegen.“
„Das ist gut!“, lobte der Bauarbeiter, „Haben sie schonmal Hummer probiert?“
Der Professor überhörte ihn. „Aber“, wandte der Mann mit Hut ein, „wer legt denn dann die Pfirsiche auf den Mann mit Dudelsack, wenn wir doch alle hier drinnen sitzen?“
„Oh!“, rief der Student, „das kann ich machen!“ und er stieg aus und ging um den Wagen herum. Er nahm die Pfirsiche entgegen und sah dabei zu, wie der Mann mit seinem Dudelsack horizontal in den Wagen kroch. Anschließend stellte er die Pfirsiche auf dem alten Mann ab, warf die Tür ins Schloss und lief zurück zu seinem Platz auf der Rückbank. Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, hörte er auch schon, wie sich der Professor beschwerte: „Ich möchte ihnen nicht zu nahetreten, denn nah genug sind wir uns ja schon, aber ich würde es begrüßen, wenn sie den Dudelsack aus meinem Gesicht nähmen.“
„Das geht leider gerade sehr schlecht“, entschuldigte sich der alte Mann, „aber ich werde es versuchen“. Mit diesen Worten begann er, den Dudelsack nach links zu drehen, wobei eine der Flöten in die Speichen des Lenkrads gerieten. Der alte Mann gab auf: „Er klemmt. Für immer“ sagte er so sachlich wie möglich. „Hauptsache den Pfirsichen geht’s gut“, sagte der Mann mit Hut.
„Denken sie eigentlich immer nur an ihre Pfirsiche?“, fragte der Professor zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. „Oh nein“, antwortete der Mann mit Hut, „ich denke auch häufig über den Hausnamen meines Schwiegervaters nach. Fogel, mit F geschrieben. Sachen gibt’s.“
Er schaute interessiert aus dem Fenster. „Würde es sie stören, wenn ich ein wenig auf meinem Dudelsack spielte?“, fragte der alte Mann in die Stille hinein. „Ja, würde es“, sagte der Mann mit dem Hut und deutet mit hochgezogenen Augenbrauen auf den Korb mit den Pfirsichen. „Bei der Art von Musik verlören sie sicher gewaltig an Frische“. Der alte Mann schwieg, offensichtlich beleidigt. „Oh je“, sagte der Student mit Blick nach hinten und da ging auch schon die Kofferraumklappe auf. „Vorsicht Leiter“ dröhnte eine Stimme in die Fahrgastzelle. Der Bauarbeiter verkroch sich tiefer in seine Schubkarre, der Student lehnte sich nach links und der Mann mit Hut sah besorgt zu seinen Pfirsichen, als eine Holzleiter längs bis zur Windschutzscheibe geschoben wurde. Dann wurde die Kofferraumklappe, so weit es ging, wieder zugeklappt und die Tür des Studenten ging auf. „Fogel mein Name. Fogel Fassadenreinigung. Ich kann ihnen meine Nummer geben, aber man findet uns auch im Telefonbuch“. Mit diesen Worten stellt er einen Eimer voll mit Putzwasser in den Fußraum und der Student spürte, wie ihm Wasser in die Schuhe lief. „Jetzt wird’s aber gemütlich“ sagte der Fassadenreiniger und quetschte sich neben den Studenten auf die Rückbank. Der hatte, aus Platzgründen, den rechten Arm zwischen zwei Leitersprossen hindurchgesteckt. Der Mann mit Hut sah interessiert nach hinten: „Sagten sie, dass sie Fogel heißen? Zufälligerweise Fogel mit F geschrieben?“
„Ja, in der Tat!“, sagte der Fassadenreiniger überrascht. Der Mann mit Hut geriet ganz außer sich: „Dann kennen sie bestimmt meinen Schwiegervater, der hieß mit Hausnamen Fogel bevor er den Namen meiner Schwiegermutter annahm, sie ist eine geborene Kobatchek.“
Der Fassadenreiniger blickte einen Moment verwirrt drein, dann zeigte sich Verständnis in seinem Gesicht: „Ah, da haben wir uns missverstanden. Ich heiße Fogel mit Vornamen.“
„Ich weiß, das hat jetzt eigentlich nicht damit zu tun“, meldete sich der Mann in der Schubkarre, „aber haben sie schonmal Hummer probiert?“
Er sah neugierig zum Fassadenreiniger hinüber. Doch ehe der antworten konnte, hatte jemand anderes die Aufmerksamkeit der Mitfahrer auf sich gelenkt. Gerade hatte eine junge Frau an die Scheibe der Beifahrertür geklopft. In den Armen trug sie einen riesigen Kaktus. Hektisch kurbelte der Mann mit Hut die Scheibe herunter. Der Bauarbeiter wandte seinen Kopf nach vorn und stieß erneut mit seinem Helm gegen die Decke.
„Entschuldigt, könnten sie kurz auf meinen Kaktus aufpassen? Ich möchte in dem Geschäft dort frische Pfirsiche kaufen aber Kerli“, sie deutete auf den Kaktus, „hat dort Hausverbot.“
Der Student versuchte sich durch die Haare zu streichen, doch sein Arm hing in der Leiter fest. „Ja, gar kein Problem!“, sagte er überzeugt.
Die junge Frau mit dem Kaktus freute sich: „Super. Wo soll ich ihn hinstellen?“
Der Student schaut etwas doof drein. „Nun“, meldete sich der Professor mit einem hämischen Unterton in der Stimme, „Ich schätze der Student kann ihn solange halten und sich um ihn kümmern, während sie einkaufen.“
„Das wäre wirklich sehr nett“, sagte sie und wandte sich wieder dem Studenten zu. Er lächelte unsicher: „Ja ähm..klar, kein Problem“
Sie strahlte. Geschickt balancierte sie den Kaktus durch das offene Fenster. Der Kaktus war so groß, dass er kaum hindurch passte und der Mann mit Hut drückte sich so weit nach hinten in den Sitz wie es nur ging. Der Student nahm den Kaktus mit der linken Hand entgegen, die rechte war mittlerweile hoffnungslos zwischen Leiter und Schubkarre eingeklemmt. „Echt super lieb“ rief sie ihm noch zu, dann verschwand sie vom Fenster. Ganz langsam und vorsichtig zog der Student den Kaktus zu sich heran, als er Plötzlich in seine Richtung zu kippen begann. Er drehte seinen Kopf reflexartig nach links um ihn aus der Gefahr zu ziehen doch zu spät: Er spürte, wie der Kaktus gegen seine rechte Wange fiel und ihn mit tausend kleinen, piksenden Stacheln liebkoste. Da fiel sein Blick auf etwas und er traute seinen Augen nicht. „Schaut mal“, sagte er mit tonloser Stimme aus dem linken Mundwinkel. Die anderen schauten nach links. Dort, hinter den Fenstern eines sehr kleinen Cafés, saß Bungalow an einem kleinen runden Tisch, umringt von einem Dutzend anderer Gäste die allesamt nach draußen blickten, die Augen auf das sonderbare Schauspiel in dem kaputten Wagen geheftet. Ganz am Rand stand die junge Frau und zwinkerte, als sie den Blick des Studenten bemerkte. Sie wandte sich ab, als eine Kellnerin mit einem Tablett zu ihr trat. War das etwa Popcorn?
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